Diese einfache Gleichung eröffnet mir, dass ich dieses Jahr 60, in Worten Sechszig, Jahre alt werde! Dies wiederum bedeutet, dass ich in 5 Jahren in Pension gehen werde, da das Renteneintrittsalter in der Schweiz 65 Jahre ist. Dementsprechend geistern schon Gedanken durch meinen Kopf, was ich dann machen werde. Könnte mein ganzes Hab und Gut gegen ein Wohnmobil tauschen und dann ab in die Welt! Oder ein kleines Häuschen im warmen Irgendwo! Mal schauen. Ach, Ja. Ich feiere auch dieses Jahr meine schweizerische Volljährigkeit. Im Oktober werden es 18 Jahre Schweiz.
Frage: Wünscht man sich eigentlich noch ein gutes, neues Jahr? Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch an meine Kindheit. Am ersten Tag des Jahres zogen meine Schwester und ich los. Unsere Ziele waren die Bekannten unserer Mutter. Wir wünschten ein „Frohes, neues Jahr“ und Zack, wir bekamen die ein oder andere Mark. Zusammen mit den Geldgeschenken von Weihnachten, fühlten wir uns reich. Ein toller Jahresstart!
Und unsere Mutter hatte viele Bekannte. In der Umgangssprache, im Dialekt hiessen sie Beesla (… nicht Beeslas, Singular: Beesla und Plural: Beesla). Warum auch immer! Vielleicht, weil sie mit einem Besen gemeinsam sich durch das Leben kehrten? Im Sinne von: Eine half der Anderen. Macht irgendwie Sinn! Unsere Mutter war ein talentierte Friseurin, lag wohl in der Familie. Ihr Vater, unser Opa ging auch diesem Handwerk nach. War Meister und hatte einen eigenen Salon. Irgendwann konnte unser Opa altersbedingt nicht mehr, aber seine Kundschaft war ja noch da. Und Zack, unsere Mutter erkannte ihre Chance und nahm sich ihrer (…also, der Kundschaft) an. Alle waren zufrieden, schliesslich hatte man Vertrauen in das Hause Angermann. Unsere Mutter schuftete „Tag und Nacht“ um uns das zu geben, was wir brauchten. Wir hatten eine gute Mutter. Ich glaube daran, dass wir dies ihr auch einmal sagen werden!
Muss nochmal auf die Beesla zurückkommen. Wenn ihr den vorstehenden Absatz aufmerksam durchgelesen habt, müsst ihr erkannt haben, dass die Beesla schon recht alt gewesen sein müssen. Oh, Ja, das waren sie. An eine erinnere ich mich noch ganz genau. Fräun (ugs. für Fräulein) Kuni! In früheren Jahren war sie Näherin. Sie hatte nie einen Mann, daher Fräulein. Wie alt sie war, konnte ich als Kind absolut nicht einschätzen. Vielleicht 104? Meine Schwester und ich gingen in das alte Mietshaus, welches Fräun Kuni bewohnte. Hinauf ging es eine uralte, knarzende Treppe. Die Wohnungstüre selbst, so weit ich mich erinnern kann, war grau und die obere Hälfte mit Milchglas versehen. Genau mittig der Türe war die Klingel. Diese bestand aus einer Art Schlüssel, welchen man nach rechts drehen musste. Dies hatte die Auswirkung, dass eine verdeckt liegende Federmechanik einen Klingelton generierte. Genial!
Also gedreht bzw. geklingelt. Wann würde sich die Tür öffnen? Normalerweise schauen Menschen nach vorne, also den Kopf gerade. Meine Schwester und ich kannten aber das Fräulein. Dementsprechend richteten wir unsere Köpfe nach unten. Wir hörten Schritte, die Türe öffnete sich. Und unter uns stand Kuni. Hätten wir gerade ausgeblickt, wir hätten sie nicht gesehen. Fräun Kuni war nicht nur geschätzt 104 Jahre alt, Nein, sie war, wieder geschätzt, nur 1.15 m gross. Unabhängig ihres Alters bzw. ihrer Körpergrösse war sie jedoch eine herzensgute Frau! Ich glaube, ihre finanziellen Mittel waren eng begrenzt, trotzdem bekamen wir jeweils immer 2 Mark. Sie freute sich einfach, dass jemand sie besuchte!
Noch eine Frage als Nachtrag. Was wäre passiert, wenn man den Schlüssel nach links gedreht hätte?
So, das wars für diesmal. Draussen regnet es und ich muss morgen wieder ins Büro.
Abschliessend noch ein Zitat, welches Hoffmann von Fallersleben gutgeschrieben wird.
Laßt uns gehen mit frischem Mute in das neue Jahr hinein!
Alt soll unsere Lieb und Treue, neu soll unsere Hoffnung sein!
Euer Stefan