Ich glaube es muss letzten Samstag gewesen sein. Ja, stimmt. Weil es hat immer noch geregnet. Sintflutartig! Also nicht Outdoor, sondern Indoor. Möglichkeit 1: Netflix bis zum abwinken, oder Möglichkeit 2: Büro. Aus Gründen der Produktivität entschied ich mich für Nummer 2 – zumindest bis Mittag. Um kurz nach sechs war ich vor Ort. Das komplette Verwaltungsgebäude für mich allein. Nein, nicht ganz. Von irgendwoher dröhnte ein Staubsauger durch die leeren Gänge. Kam mit der Arbeit ganz gut durch. Wie geplant war Mittags Feierabend. Eigentlich Feiermittag, aber egal. Noch kurz einkaufen, dann heim. Sofa. Fernseher an. Während Columbo in seinem zerknitterten Trenchcoat einen kniffligen Mordfall aufklärte, schlief ich ein. Gegen 20:37 Uhr wachte ich mit Nackenschmerzen auf. Mein Körper folgte nicht der Längsachse des Sofas, Nein, ich schlief im 90°-Winkel zu derer. Dabei soweit nach vorne, also Richtung TV, gerutscht, dass meine Hüfte in der Luft hing. Wie bitte kann man so rund 4 Stunden verharren? Was keiner kann, kann Angermann! Haha! Das Abendessen liess ich ausfallen und ging ins Bett.
Gegen 03:15 Uhr war ich hellwach! Zurück ins Wohnzimmer. TV on! Ich habe keine Ahnung, wie viele TV-Programme ich habe. Zudem sich auch noch die Schweiz als viersprachig definiert, ist die Auswahl rein mathematisch ausgedrückt: x multipliziert mit 4! Bei der Auswahl, muss doch was für mich dabei sein. Dann Ernüchterung. Auf 56.4% aller Sender lief „Susi LIVE“. Auf 43.5% der Programme konnte man jeglichen Schrott käuflich erwerben und auf einem Sender lief ein Film, bei dem der Hauptprotagonist, ein Bär ist, welcher in den Genuss von Kokain kam. Ich entschied mich für den Bärenfilm.
Kurze Zusammenfassung (Gedächtnisprotokoll!). Ort der Handlung, irgendwo in Nordamerika, weil viel Wald. Fragliche Menschen werfen in Paketen verpacktes Kokain aus einem Flugzeug ab. Zwei Kinder spielen im Wald, finden eines dieser Päckchen. Öffnen es, und entdecken ein weisses Pulver. Zeitlich, welch Zufall, kommt ein Bär aus dem Dickicht und greift die Kinder an. Panik! Weglaufen bei einem Bären nicht so gut. Er kann schneller laufen, besser klettern, als irgendein Mensch. Nahaufnahme. Abstand Bär zu Jungen, geschätzt 20cm. Ursus setzt zum tödlichen Biss an, der Junge wirft geistesgegenwärtig das geöffnete Paket dem Bären entgegen. Der, im weissen Nebel, kaum noch sichtbar, zieht sich den Stoff rein. Glotzt freudig und trottet davon. Die Kinder sind gerettet. „Zuhause sagen wir aber nichts“ (Zitat: Brudermord im Altwasser, Georg Josef Britting, 1929). Der unter Drogen stehende Bär, tut anschliessend das, was ein unter Drogen stehender Bär so tut. Er zerfleischt Menschen! Nicht gut für die Betroffenen, ein Spass für Meister Petz.
Ich muss nochmal auf diese Werbesendungen eingehen. Früher, also vor dem Krieg, liebte ich diese „Art“ der Unterhaltung. Besonders erinnere ich mich an eine Ausstrahlung, in der, der Moderator verzweifelt so eine Küchenreibe verkaufen wollte. Immer wieder Einblendungen von „Spitzenköchen“, welche das Teil als „unverzichtbar“ für die Zubereitung von Speisen anpriesen. Zum Schluss dann das Superangebot, aber dieses nur jetzt, heute und auf diesem Kanal verfügbar. Man kauft Eine und hat dann die Auswahl zwischen einer Zweiten oder der Moderator kommt zum Käufer nach Hause und kocht dessen Lieblingsgericht. Folgt man einer Statistik, entscheidet sich die Käuferschaft zu 98.74% für eine zweite Reibe! Armer Moderator!
Noch so eine Sendung, welche die Intelligenz des Zuschauers in Frage stellte, waren diese Quiz-Shows. Hier musste man mittels Telefonanrufe (…teuer), irgendwelche Dinge erraten. Zum Beispiel Insektennamen, wie den Quergestreiften Bärlauchspringkäfer. Wer kennt ihn nicht?
Ich denke grundsätzlich spiegelt das ausgestrahlte TV-Programm den geistigen Zustand des Betrachters wieder. Gehe dabei noch weiter und behaupte, dass wir verdummen. Wie sonst könnten Sender wie RTL 2 überleben? Beauty trifft Nerd! Nur, um ein Beispiel zu nennen! Aufgespritzte Damen (…besser bei SusiLIVE aufgehoben) stehen im Dialog mit dem anderen Geschlecht, welches zwar intelligent ist, aber optisch so attraktiv wirkt, wie ein Besenstiel.
Nehmen wir mal an, eine uns fremde Lebensform befände sich in einem Raumschiff auf einer interstellaren Reise durch das Universum. Seit zig Jahren, für die Reisenden nur einige Monate, unterwegs, treffen Sie auf unsere Erde. Bevor sie zum Landeanflug ansetzen, informieren sie sich über „die da unten“. U.a. empfangen sie das TV-Programm der neu entdeckten Spezies. Für das Zappen benötigen die Entdecker keine Fernbedienung, nur mit der Macht ihrer Gedanken kontrollieren sie elektromagnetische Wellen. Bereits nach wenigen Minuten ändert sich die Gesichtsfarbe der Besatzung von einem menschlich ähnlichen Teint in die Farbe grün. Kopfschütteln im ganzen Raumschiff. Wie kann es sein, dass sich diese Spezies so einen Dreck geistig konsumiert? Landen Nein!, so die einhellige Meinung. Nach Hause konnte man auch nicht mehr. Da man mit fast Lichtgeschwindigkeit flog, kannte niemand mehr sie daheim. Energie war noch ausreichend vorhanden, also weitersuchen! Kurz ging man an Bord auch noch auf die Frage ein, den Planeten zu zerstören, wurde aber mit „Nein“ beantwortet. Begründung: Massiv fortgeschrittene Intelligenzstörung, welche dazu führen wird, dass sie die Zerstörung ihrer Erde selbst herbeiführen werden.
Den Bärenfilm schaute ich nicht bis zum Ende. Mittlerweile kurz nach vier und mir war langweilig. Ich beschloss ins Fitness-Center zu gehen. Dieses hat 24/7 offen. Passt. Rein kommt man also rund um die Uhr mit einem Barcode. Genial! Auto blieb in der Tiefgarage, warum sollte ich es wecken? Rund zwei Kilometer durch Regen zum besagten Ort. Begegnet ist mir niemand. Die Parkplätze vor dem Fitness-Center leer. Nur eine schwarze Kutsche mit einem Buckligen stand regengeschützt unter einem Vordach. Irgendwie unheimlich. Aber vielleicht spielten mir meine Sinne einen Streich und die Kutsche ist in Wirklichkeit ein Wohnwagen mit einer grossen Katze auch dem Dach. Handy raus, den Code unter dem Scanner platziert, die Türe öffnete sich. Dass ich alleine bin bemerkte ich, als der Sensor der Lichtsteuerung meine Anwesenheit erkannte und den Befehl ausgab, alle Lichter an. Hätte jemand bereits trainiert, wären die Leuchten logischerweise bereits an. Hurra, alleine! Endlich mal Geräte ausprobieren, von denen ich keine Ahnung habe, wie sie funktionieren. Testen also, ohne Angst sich zu blamieren, wenn man z.b. verkehrt herum auf so einem Stahlgerüst sass.
Im hinteren Bereich der Einrichtung für Muskelaufbau und Fitness stehen die Laufbänder, die Fahrräder und so Gerätschaften, welche ein Treppensteigen simulieren. Ich entschied mich für das Laufband. 15% Steigung, 4.5Km/h und 30 Minuten. Schwitzend konnte ich auf dem Band, den vorderen Bereich mit all seinen Gerätschaften und den an den Wänden montierten Spiegeln erkennen. Dabei blieb mein Blick immer bei einem Spiegel gegenüber einer Hantelbank hängen. Bewegen sich die Hanteln da von selbst? Täuschte mich schon wieder mein Sinn? War es die Uhrzeit für ein Training? Oder war es das Salz auf meiner Stirn, das seinen Weg in flüssiger Form in meine Augen fand. Nein, hier kann niemand ausser mir sein. Das Licht war aus und wer trainiert schon bei völliger Dunkelheit. Wer verfüge über die Kontrolle eines Bewegungsmelders? Wessen Spiegelbild würde sich nicht zeigen? Stopp, Stefan! Zu viele Horrorfilme! Entspann dich! Also die AirPods rein, Musik an und weiter künstlich den Berg hoch. Gar nicht mehr Richtung Spiegel geschaut. Passt! Nach gut einer Stunde verliess ich das Fitness-Center. Draussen regnete es immer noch. Der Wohnwagen mit der grossen Katze auf dem Dach war weg. Oder war es doch eine schwarze Kutsche mit einem Buckligen, welcher regengeschützt unter einem Vordach auf seinen Meister wartete? Schnell, sehr schnell lief ich nach Hause.
Euer Stefan

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