„Eine neue Liebe, ist wie ein neues Leben!“, so Jürgen Markus im Mai 1972. Nein, eine „Neue“ liegt nicht mehr in meinem Focus. „Altbewährtes“ war für mich angesagt. Meine alte Liebe zur Fotografie! Auslöser war, als ich mich entschloss, aus meinen Hamburg-Fotos ein Fotobuch zu erstellen. Software geladen, Bilder ausgewählt, grosses Format. Die Lieferung erfolgte innerhalb weniger Tagen. Freude! Ausgepackt, Freude im Arsch! Unten rechts war am Album eine Beschädigung zu sehen. Genau die gleiche, welche der Versandkarton aufwies. Ergo, hat irgend so ein Vogel mein Buch „fallen“ gelassen. E-Mail raus und reklamiert. Tage vergingen. Endlich die Rückmeldung von der Druckerei. Ich bekomme kostenneutral ein neues Fotoalbum. Kam auch an. Freude! Ausgepackt, Freude hielt an! Diesmal ohne Beschädigungen. Hurra! Die Bildqualität, das Papier, einfach genial. Habe aber jetzt zwei Bücher. Egal.
Kleiner Zwischeneinwurf. Bei „die gleichen“ Beschädigungen musste ich kurz nachdenken. Hätte auch „dieselben“ schreiben können. Was aber nicht korrekt gewesen wäre. Da es sich bei „dieselben“ um ein und denselben, identischen Gegenstand handeln würde. Und da es sich bei dem Album und dessen Verpackung um zwei unterschiedliche Gegenstände handelt, welche aber in ihren Eigenschaften gleich sind – also der Beschädigung – heisst es „die gleichen“. Muss man das wissen? Keine Ahnung!
Ich glaube, es muss 2010 oder früher gewesen sein, als ich mir meine erste Nikon gekauft habe. Modell D300, mit effektiven 12,3 Megapixeln. Dazu ein lichtstarkes Zoomobjektiv 28 – 70 mm. Damit zog ich los. Und ja, die Kamera gefiel mir. Vor allem deren Robustheit. Ich erinnere mich noch an Venedig zwischen Weihnachten und Neujahr. Strömender Regen und meine Nikon über meiner Schulter. Auch im Getümmel bei den Olympischen Spielen 2012 in London war auf meine Kamera Verlass. Grundsätzlich trage ich übrigens meine Kameras immer seitlich über der Schulter. Nie über den Hals hängend und somit am Bauch baumelnd.
Irgendwann kamen die Mobiltelefone auf dem Markt. Deren fotografischen Abbildungsleistungen steckten jedoch noch in den Kinderschuhen. Mit jedem Modellwechsel stieg aber die Qualität. Die heutigen Handys erzielen mit ihren Sensoren qualitativ hochwertige Fotos. Wobei hier die Soft- bzw. Hardware einen grossen Beitrag dazu liefert. Den Beweis erbrachte das eingangs erwähnte Fotobuch von Hamburg. Nur in Grenzbereichen, bei wenig Licht oder bei einem hohen Dynamikumfang kommen die „Telefone“ an ihre Grenzen.
Meine bevorzugte Art der Fotografie nennt sich „Strassenfotografie“. Also Situationen belichten, welche um uns tagtäglich geschehen, wir sie aber nicht in unserer Hektik wahrnehmen. Das faszinierende daran, liegt in der Einmaligkeit der Aufnahme. Da kommt mir ein Foto in den Sinn, als ich einen kleinen Jungen in Palermo/Sizilien fotografierte. Er stand auf einem total brüchigen Balkon im ersten Stock und blickte zu mir herunter. Ein wenig verängstigt schauend, dennoch neugierig. Ich kann behaupten, dass es von dieser Situation, von diesem Blick des kleinen Sizilianers, weltweit kein weiteres Foto gibt. Und genau liegt die Faszination!
Hat schon Spass gemacht. Meine D300 gab irgendwann den Geist auf und ich verkaufte sie. Die Käuferin meldete sich Tage später bei mir und bedankte sich nochmal für das „Schnäppchen“. Die Kamera funktionierte tadellos und sie war zufrieden mit dem Kauf. Hääh? Egal! Seitdem nur noch Fotos mit dem „Telefon“, wenn gleich ich auch den Markt der aktuellen Kameras verfolgte. Ein riesiger Vorteil der Handy-Fotografie ist auch die Tatsache, dass man nicht auffällt. Im Gegenteil! Zur heutigen Zeit fällt man auf, wenn man nicht auf ein Smartphone „glotzt“. Ein zeitungslesender Mensch in der Strassenbahn? Unvorstellbar!
Dennoch, mein jetzt fehlerfreies Fotobuch weckte Bedürfnisse in mir. Also die externe Festplatte gesucht und angeschlossen. Eine Reise in die Vergangenheit, festgehalten in einmaligen Bildern. Nun wollte ich eine neue Kamera! Zur Auswahl standen zwei Modelle. Das eine von Fuji, das andere von Nikon. Schlaflose Nächte waren vorprogrammiert. Dann plötzlich bei einer der endlosen Online-Recherchen in Bezug auf den Preis, der Link zu einem renommierten Fotofachhandel in der Schweiz. Im Rahmen eines Spezial-Deals wurde die Nikon rund 22 % unter dem gängigen Strassenpreis angeboten. Auch das Objektiv, welches für mich in Frage käme, war reduziert. Aber! Die Aktion gilt bzw. galt nur bis zum 02.11.2025. Also bis heute, dem Erscheinungstag dieses Artikels. Es hasse zeitlichen Druck für eine doch weitreichende, monetäre Entscheidung. Meine Schlafanalyse-Funktion gab den Warnhinweis aus, „Stefan, du musst schlafen, sonst stirbst du bald“!
Donnerstagmorgen ging die Bestellung raus. Am Nachmittag kam ein Vertreter der örtlichen Gebraucht-Organ-Börse vorbei und holte die von mir geschuldete Viertel-Niere ab. Bleiben nicht mehr viel Nierenteile übrig. Egal. „I paid my dues“! Der Gegenwert, eine Nikon Z7 II, mit dem Objektiv 35 mm, 1.8 S. Noch am Vormittag erhielt ich per E-Mail die Bestätigung, dass mein Paket der Post übergeben worden ist. Später dann eine E-Mail von der Post, dass die Lieferung für Freitag geplant sei. Und dann kam am benannten Tag, um 11:48 Uhr, die Zustellbestätigung. Freude. Heimgekommen, Freude im Arsch! Das Paket war nirgendwo zu finden. Normalerweise klingelt der Postbote bei allen fünf Parteien im Haus, in der Hoffnung, dass einer daheim ist und die Eingangstüre elektronisch öffnet. Oder er deponiert das Paket im Ablagefach an der Briefkastenanlage. Jeder Haushalt hier in der Schweiz hat grundsätzlich zu seinem Briefkasten noch ein Ablagefach. Dieses weist ebenfalls eine Türe/Klappe auf, ist jedoch nicht abschliessbar. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Postbote ein kleines Paket darin verstauen kann. Vertrauen hoch vier! Diebstähle aus den Fächern gehen gegen Null! Ich liebe dieses Land!
Aber mein Paket war nicht auffindbar. Ausserdem, so meine Einschätzung, hätte dieses auch nicht in mein Ablagefach gepasst. Die Betonung liegt hier auf „mein“! Panik, gepaart mit Wut, durchzog meinen Körper. Also auf zur Post und mal freundlich nachfragen. Die junge Dame hinter der Glasscheibe bestätigte mir, dass das Paket um 11:48 Uhr zugestellt worden ist. „JA, ohh du freundliches, uniformmässig gekleidete Wesen, diese Information habe ich auch“! ABER, das Paket ist nicht da! Das Paket wäre im Ablagefach deponiert worden. Wenn es jetzt weg ist, wäre es Diebstahl! Eine Bestätigung des Zustellers konnte leider nicht erfolgen, da dieser bereits Feierabend hat. Sie bliebe aber dran – wie nett von ihr. Sie notierte sich meine Telefonnummer. Wir melden uns!
Heim und nochmal alles durchsuchen. Alle Ablagefächer der Nachbarn prüfen. Aber kein Inhalt. Dann linker Hand sah ich noch ein Ablagefach, ein grösseres, welches wohl für alle Parteien gedacht ist. Auch für mich? JA! Der Inhalt prall ausgefüllt mit meinem Paket! Freude! Ab damit in meine Wohnung. Vor lauter Vorfreude, weiss ich heute nicht mehr, ob ich die Treppe oder den Aufzug nahm. Bevor ich jedoch mittels Cutmesser mein Paket öffnete, rief ich noch bei der Post an und meldete den Erhalt desselbigen. Alles gut! Fast schon mit chirurgischer Präzision öffnete ich den Karton. Kameragehäuse checked. Objektiv checked. Kameragurt und Handschlaufe checked. Speicherkarte ch …, wo ist die Speicherkarte? Lieferschein! Keine Speicherkarte auf dem Lieferschein. Bestellung! Keine Speicherkarte bestellt. Ganz toll, Stefan. Egal. Fürs Testen finde ich irgendwo noch eine alte Karte.
Kameragehäuse ausgepackt. Ein leeres Plastiktütchen darin machte mich nervös. Wo ist der Akku? Vielleicht schon in der Kamera? Aber warum? Also, Kamerafach geöffnet und schwupps, der Akku kam zum Vorschein. Auf dessen Oberseite ein Aufkleber mit dem grossgeschriebenen Text „DEMO“. Ich musste mich setzen. Was wurde mit mir gespielt? Also erstmal eine rauchen, ein Bierchen trinken und eine Nacht darüber schlafen. Am Samstag, also gestern, eine E-Mail an den Kundendienst des Fotofachgeschäftes, mit der Bitte um Aufklärung des Sachverhalts, gesendet. Kurz darauf die Antwort von einer Mitarbeiterin (…in Ausbildung). Nachstehend eine Ki-basierte Zusammenfassung „Es ist wahrscheinlich ein Demomodell, da Akkus separat verpackt sind. Ein Gutschein von 10.00 Chf. wird angeboten“.
Jetzt wurde ich misstrauisch. Wenn der Akku schon ein Demo-Modell ist, ist denn dann folgerichtig nicht auch die komplette Kamera ein Demo-Modell? Das Gehäuse selbst weist absolut keine Gebrauchsspuren auf. Aber! Beim erstmaligen Einschalten fiel mir auf, dass im Kamerasystem bereits die Sprache, die Zeitzone und die Uhrzeit eingestellt waren. Warum? Ich verwandelte mich in Columbo und stellte weitere Fragen. Die Verpackung der Kamera, bzw. deren Kanten der zu öffnenden Flächen waren rissig weiss. Ein Indiz für ein mehrfaches Öffnen der Schachtel. Ausserdem fehlte ein Siegel, welches grundsätzlich an jeder Verpackung von Gerätschaften ist. Aber ein letzter Beweis in meiner Kette fehlte noch. Wie Columbo kaute ich auf meiner Zigarette rum. Gut, er raucht Zigarren – der Satz dient lediglich der Veranschaulichung. Wenn die Kamera tatsächlich ein Demo-Gerät ist, muss damit auch fotografiert worden sein. Bei manchen Kameraherstellern kann man die Anzahl der Auslösungen im Menü finden. Nicht so bei Nikon und ich glaube auch nicht bei Canon. Aber Nikon schreibt die Anzahl in die exif-Dateien der jeweiligen Bildern. Also jene Dateien, welche alle Metadaten, wie Belichtungszeit, Blende, Standort, usw., beinhalten. Columbo kramte eine alte Speicherkarte hervor und machte ein Foto. Dieses hochgeladen auf ein Online-Tool. Das Ergebnis: 1163 Auslösungen! Columbo wurde schwindlig! Man hat ihn übers Ohr gehauen. Columbo, Schluss jetzt! Geh weg. Sonst denken „unsere“ Leser noch ich wäre schizophren. Dennoch Fall gelöst, zumindest vorerst.
Wieder eine E-Mail an den Kundendienst. Diesmal konfrontierend, auf den festgestellten Sachverhalt, hinweisend. Höflich, aber bestimmt! Mein Angebot: Kamera und Objektiv retour und Lieferung von Neuwaren! Ihr müsst nämlich wissen, dass auch die Schachtel vom Objektiv kein Siegel aufwies. Bin mal auf die Rückmeldung gespannt!
Ihr werdet erkennen, dass ein „Zurück“ zur alten Liebe recht mühsam sein kann. Aber ist es auch nicht so, dass ein holpriger Anfang der Beginn von etwas ganz Grossen bedeuten kann? Ich bleibe zuversichtlich, denn sonst muss ich einigen Menschen sehr weh tun. Fun, over and out!
Euer Stefan

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