Spannbetttücher

Es gibt viele Erfindungen, welche uns das Leben leichter machen. Oft unterschätzt, aber nicht mehr wegzudenken. Wir haben uns einfach daran gewöhnt. Ist ja auch gut so. Als Beispiel soll hier das Spannbetttuch dienen. Jenes geniale Teil, meist aus Baumwolle, das uns das Beziehen der Bettmatratze erheblich vereinfacht. Aber wie war es früher – also vor dem Krieg?

Da gab es die Betttücher. Rechteckig in deren Form. Auf die Matratze damit und mit geschickten Händen, kantend, die vertikalen in horizontale Überstände umformend – stopfend auf die Unterseite der Matratze. Ein Meisterwerk. Dann noch mal mit der flachen Hand über die Konstruktion streichen. Fertig! Hier und da noch ein paar Falten. Aber passt! Kann heute wohl niemand mehr. Auch wäre dies aus heutiger Sicht nicht mehr ökonomisch. Der Aufwand für eine Matratze lag bei ca. 15 Minuten, beim Doppelbett also eine halbe Stunde. Einmal die Woche das Prozedere vollzogen, waren demnach 26 Stunden Lebenszeit dahin. Das wiederum auf 45 Jahre gerechnet, sind das 1`170 Stunden, also aufgerundet 49 Tage!

Es war 1977 als ein Portugiese, Namens Mario Marques, eine Entdeckung machte. Er selbst Textilkaufmann, also vom Fach, entdeckte bei einer seiner Geschäftsreisen in einem Hotel in Schweden, ein perfekt glattes Betttuch. Mit der Frage im Kopf, wie so was möglich sei, hob er die Matratze an und sah etwas Verblüffendes. Das Zimmermädchen hatte die Ecken des Lakens mit Schnüren verspannt. Daraus resultierte, dass das Laken permanent unter Spannung stand. Der Portugiese optimierte das System und 1983 kam das Spannbetttuch oder Spannbettlaken auf dem Markt. Mario wurde mehrfacher Millionär. Das Zimmermädchen ging leer aus. Nicht gerecht!

Muss abschweifen! Zimmermädchen. Eine Bezeichnung aus prähistorischer Zeit. Unterbezahlt und Objekte krankhafter männlicher Fantasien. Heute Hotelfachangestellte. Unterbezahlt und Objekte krankhafter männlicher Fantasien. Nicht weit gekommen, ihr/wir Primaten!

Zurück! Das Spannbettlaken setzte sich durch. In zig Farben und Materialien. Baumwolle, Seide und Biber. Baumwolle, wenn unter fairen Bedingungen gepflückt, ist in Ordnung. Wohl kaum ein Plantagenbesitzer motiviert heute seine Mitarbeiter noch mit dem Rohrstock. Seide besitzt die Eigenschaft rutschig-flutschig zu sein und Biber ist aus Gründen des Tierschutzes abzulehnen. Also scheiden beide aus. Bleibt Baumwolle. Der Erwerb eines Spannbettlakens setzt aber einen Blick in die Technische Betriebsanleitung der Matratze voraus.

Meist auf deren hinterster Seite findet man die Abmessungen, welche systemrelevant sind. Zu gross wäre ja noch akzeptabel, wobei der Effekt der Spannung nicht wirklich gegeben wäre. Zu klein, ist der Horror. Die kurze Seite oben oder unten, kein Problem. Bleiben noch ca. ein Meter des Lakens übrig. Die Matratze hat jedoch eine Länge von zwei Meter. Muss irgendwie gehen. Geht auch. Das Laken ist perfekt gespannt, die Matratze jedoch gleicht einem U. Das anschliessende Probeliegen verdeutlicht eindrucksvoll den Fehlkauf. Raketenartig entlassen die Matratzenecke ihre Umhüllung und vor einem liegt, wie bereits erwähnt, der Fehlkauf. Also Augen auf, beim Spannbetttuchkauf. Eine Silbe zu viel, aber trotzdem ein Reim!

Ich bin Techniker, also habe ich einen Faible für klare geometrische Strukturen. Nennt mich pedantisch, aber ein zusammengelegtes T-Shirt sollte in dessen Breite dem oben-, wie auch dem darunterliegenden T-Shirt entsprechen. Und jetzt versucht mal ein Spannbetttuch geometrisch geordnet zusammenzulegen! Es geht nicht! Egal, welches angewandte Vorgehen, es bleibt ein undefinierter Haufen Baumwolle. Man spricht hier von einer nichteuklidischen Geometrie. Ziemlich komplex in der Theorie, aber nicht einfach in der Praxis. Nichteuklidische Geometrie? Ein Beispiel: Auf einer Kugel ist die Winkelsumme eines Dreiecks im Allgemeinen nicht 180°. Warum? Ich habe keine Ahnung mehr, ist eben so!

Ich habe jetzt auch keine Ahnung, wie ich zu einem Schluss kommen soll. Und, warum ich überhaupt über diese verdammten Laken schreibe. Diente dieser Artikel irgendeiner Aussage/Information? Sicherlich!

Wir sollten,
– das Zimmermädchen und nicht dem Portugiesen feiern.
– aus Gründen der Dankbarkeit dem Zimmermädchen, den Namen Ella geben.

Wir sollten erkennen,
– dass Biber nicht ins Bett gehören.
– dass es euklidische und nichteuklidische Geometrie gibt.

Euer Stefan

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