Requiescat in pace

Ich glaube nicht daran. Ich glaube nicht daran, wenn ich zerschmettert im Talgrund liege, dass ein transparentes Ich meinen Körper verlässt und gen Himmel steigt- stets zurückblickend auf den toten Zellhaufen.

Ich glaube aber daran, dass ich bewusst bemerken werde, wenn der Vorhang fällt. Nicht so, dass der in schwarz gekleidete Herr im Türrahmen steht und mit kalter, rauher Stimme die Worte «Stefan, es ist Zeit» in den Raum atmet. Nein! Es wird so sein, wie kurz vor dem Einschlafen – nur eben ohne Aufwachen. Oder es wird ganz anders sein! Mit unserem beschränkten Verstand nicht vereinbar. So, nun genug der Einleitung, ich komme zum Thema. Auch hier geht es um das Endgültige.

Herr X ist gestorben. Richtig! Es könnte auch eine Frau X gewesen sein, aber ich beziehe mich im nachfolgenden Text auf Herrn X. Um das Ganze persönlicher zu gestalten, gebe ich Herrn X den Vornamen Hubert. Hubert lebte in einer kleinen Stadt, sein Beruf war Wirt. Sein Restaurant war gut besucht, er selbst bei seinen Gästen beliebt. Stets gut gelaunt und immer ein offenes Ohr für jedermann. Ja, so kannte man den Hubert. Ich nicht, aber auch egal. Seine Körpertemperatur lag noch bei ca. 20° und schon wurde sein Ableben in den sozialen Medien publik. Natürlich mit den dort üblichen Phrasen, in Richtung «Er hinterlässt eine unschliessbare Lücke» oder «R.I.P». Letztere werden häufig von Menschen benutzt, welchen grundsätzlich die Gabe zur ehrlichen Anteilnahme fehlt. Dann lasst es doch gänzlich sein!, so meine Meinung. Oder glaubt ihr, die Hinterbliebenen zählen die Anzahl
der R.I.P`s? «Ein vor knapp einem Jahr verstorbener Freund hatte damals 112, mein Hubert hat jetzt schon 198», so die trauernde Witwe, Frau X.

Den Vogel schoss aber eine Dame ab, welche auf der kleinen, privat geführten digitalen Plattform, zum Errichten einer Lichterkette für Hubert aufrief. Die Kommentare darauf reichten von «ich bin dabei!» bis zu «welche Farben muss ich da nehmen?» Nicht einer/eine stellte die Frage: «Warum?»

Deutschland. Das Land der Lichterketten! Zu gut erinnere ich mich an August 1992. Dem Hirn beraubte Gestalten zogen durch die Strassen von Rostock-Lichtenhagen. Ziel dieser Horde war unter anderm die Zentrale für Asylbewerber. Unter dem Beifall von ca. 3`000 «Bürgern» wurde das Gebäude angezündet. Die Polizei zog sich aus Unfähigkeit, gepaart mit Feigheit und stiller Zustimmung der Aktion, zurück. Man liess die Menschen im brennenden Gebäude im Stich, mit dem Bewusstsein, dass sie sterben könnten. Vorsatz und somit Mord!

Das westliche Deutschland war entsetzt, der östliche Teil der Republik verharmloste die Taten, so nach dem Motto «die wollten nur spielen» oder «bei Honecker hätte es das nicht gegeben»! Das Ausland kommentierte mit «Es geht wieder los»! Ein Zeichen musste gesetzt werden. Dies soll symbolisieren, dass der Deutsche in seinem Wesen gut ist. Nein, nicht die politische Aufarbeitung der Vorgänge. Keine Disziplinarverfahren gegenüber den Versagern der Exekutiven. Eine viel aussagekräftigere Aktion musste ins Leben gerufen werden. Eine Lichterkette!

So geschehen. Überall auf den Strassen brannten jetzt die Kerzen der artigen Bürger. Viele legten auch noch Stofftiere dazu. Meist die abgelebten, die keiner mehr haben wollte. Oft fehlte auch ein Auge oder ein Arm. Egal. Der gute Wille zählte!

Auch diese Bilder gingen um die Welt. Die Anführer der Hirnberaubten bekamen diese Zeichen der Solidarität auch mit und unterrichteten sogleich ihre Gefolgschaft. Diese war nämlich aufgrund fehlender Intelligenz nicht in der Lage die Bilder zu deuten. «Ist denn heut schon Weihnachten?», «ich wusste gar nicht, dass es so viele Kerzen gibt!» und «wer bläst die «hinterher wieder aus?» – so deren Gedanken. «Alles falsch, Mitstreiter»!, so der Anführer. Das sind Freudenfeuer! Deutschland begrüsst unsere Taten und sagt Dankeschön! Jede Kerze symbolisiert ein Haus, welches wir noch anzünden sollen! Applaus in der Höhle. Obwohl niemand in den Reihen wusste, was «symbolisiert» bedeutet. Haus und brennen genügte. Schliesslich sagte es ja der AnFührer. Und der hatte immer Recht. Er konnte lesen, schreiben und ging sogar einer beruflichen Tätigkeit nach. Mittelstand. Einfamilienhaus. Oft die grüne Uniform in eine braune tauschend.

Was aber wäre die richtige Massnahme gegen diese Horden gewesen? Wie verstehen diese Abnormitäten einer Gesellschaft, dass sie überflüssig sind? Antwort eines Pragmatikers: «Schlagt die Glatzen, bis sie platzen»! Antwort der Toten Hosen (…Zitat aus einem Lied): «ob mit Steinen oder Stöcken, irgendwann platzt jeder Kopf»!

Meine Antwort: R.I.P!

Euer Stefan

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